Freitag, 10. Februar 2012

Das rote Fahrrad

Zu meinem zehnten Geburtstag bekam ich von meinen Eltern ein eigenes, neues Fahrrad geschenkt. Rot, in der Sonne glänzend, mit einem Geruch, der mich ganz aufgeregt sein liess. Meine Freundin, ein Jahr älter, hatte bereits ein Jahr vorher ihr eigenes Rad bekommen und war nicht mehr so gern mit dabei, wenn ich sie abholte, um "Rad zu fahren".

Für mich war es Grösste: einfach fahren um des fahrens willen, die neuen schwarzen Reifen drehen zu sehen, die Gangschaltung zu nutzen (eine 3-Gang-Nabenschaltung...), das Surren der Kette zu hören.

Eigenartigerweise habe ich einen der Reflektoren, die in die Speichen eingehängt waren, beim Aufräumen gefunden. Sein Anblick bringt ein Teil meiner Aufregung zurück, eine Erinnerung des Geruchs und der Geräusche, der Frühsommertage in denen ich mein Rad stolz durch die Strassen fuhr.


Crowded House - Distant Sun

Distant Sun


"You're still so young to travel so far
Old enough to know who you are
Wise enough to carry the scars
Without any blame, there's no one to blame.

It's easy to forget what you learned
Waiting for the thrill to return
Feeling your desire burn
You're drawn to the flame.

...

I don't pretend to know what you want
But I offer love"





Crowded House and Neil Finn, loves of my life.

Jeff Buckley - Hallelujah





Bleib nicht liegen

"Doch bleib nicht liegen,
denn sonst gräbt sich etwas fest in deinem Hirn,
was dir irgendwann den Mut zum Atmen nimmt.
Und auf einmal prägt dir einer dieses Zeichen auf die Stirn,
das die Wege, die du gehen willst, bestimmt."



Konstantin Wecker "Bleib nicht liegen"

Ich bin liegengeblieben. Ich schaue zurück und sehe, dass ich mit mir habe geschehen lassen. Wo war der Mut, wo die Kraft. So viel Möglichkeiten wurden mir gegeben, ich weiss nicht, was ich statt dessen erwartet habe. Ich bin liegengeblieben. Das Zeichen kam und bestimmte meine Geschichte.

Es gibt im Leben eines Menschen drei oder vier Geschichten und die wiederholen sich so unerbittlich, als ob sie nie zuvor geschehen wären.

Taschen voller Steine

"Eine der kostbarsten Eigenschaften ist das Vergessen des Gemeinen. Wer sie nicht besitzt, trägt alle Taschen voller Steine. Er wird auch bald nichts Wertvolles mehr hineinstecken können."


Frank Thiess, 1890 - 1977, dt. Dichter und Dramatiker

Nel mezzo del cammin

Nel mezzo del cammin di nostra vita
mi ritrovai per una selva oscura,
ché la diritta via era smarrita.

Auf halbem Weg des Menschenlebens fand
Ich mich in einen finstern Wald verschlagen,
Weil ich vom graden Weg mich abgewandt.

Dante, Divina Commedia (dt. Übersetzung)


Auch ich finde mich in einem finstern Wald verschlagen, plötzlich ist er um mich, ich habe nicht bemerkt, wie ich hierher gekommen bin. Den halben Weg bin ich bereits gegangen und ich wache nachts auf, irr vor Angst zu sterben, spüre meinen Körper schmerzen. Ich stelle mir vor, wie es wäre zu lernen, dass ich nicht mehr lange zu leben hätte, und ich werde wahnsinnig bei der Vorstellung, meine geliebte Familie verlassen zu müssen. Ich habe Angst vor Schmerzen.

Ich habe Angst vor der Erkenntnis, dass ich viele Möglichkeiten ungenutzt gelassen habe, all diese grossen Chancen - und nun stehe ich vor meinem einfachen, mittelmässigen Leben.


Identität

„Identität, das ist der Schnittpunkt
zwischen dem, was eine Person sein will,
und dem, was die Welt ihr zu sein gestattet.”



Erik H. Erikson

Donnerstag, 9. Februar 2012

The simple woman's daybook

Would you like to linger on the simple things...then join me and many others in taking a little look into the day plans and thoughts of those who are focusing on simplicity...beauty of the everyday moments.
http://thesimplewomansdaybook.blogspot.com/


FOR TODAY

Outside my window... es ist Nacht, und es herrscht eine Eiseskälte, schon seit Tagen.

I am thinking...
ich finde die Idee dieses Blogs wunderschön und schon seit mehreren Wochen überlege ich, offiziell daran teilzunehmen. Mit grosser Freude las ich einige Beiträge wunderbarer Frauen - und stellte dann fest, dass mich mit der Mehrheit der Frauen wenig verbindet. So ich nun das Tagebuch doch nur für mich führen.

I am thankful...
für meinen wunderschönen Sohn, für die Freundinnen, die ich hier gefunden habe, für meinen wunderbaren Mann, für unsere warme sonnige und in diesen Tagen auf das angenehmste geheizte Wohnung.

In the kitchen...
ist es ausnahmsweise aufgeräumt und geputzt.

I am wearing...
Jeans, schwarzer dicker Rollkragenpullover aus Wolle.

I am creating...
mein Selbst ?

I am going...
ich werde vor dem Zubettgehen noch einmal die Photos dieses Tages ansehen. Unser Sohn, beim Spielen, mit mir, beim Lesen...

I am wondering...
ob dieses Innehalten, und das Wertschätzen der einfachen Dinge mir hilft, wieder ein Stück mehr zu mir selbst zu finden.

I am reading...
"Dame, König, As, Spion" von John Le Carré

I am hoping...
meine tiefe, innerste Freude wiederzufinden, meinen Körper wieder so leben zu können, das ich nicht täglich daran erinnert werde, was ich in der Vergangenheit versäumt habe und dass ich alt werde.

I am looking forward to...
das Wochenende, an dem wir Freunde erwarten, in den Schnee gehen. Auf das Zubettgehen, neben meinem Sohn einzuschlafen, morgen früh neben ihm aufzuwachen.

I am learning...
dass ich nur eine einfache Frau bin, das ich die Mitte meines Lebens erreicht habe, dass ich nicht bin, was ich sein wollte. Ich lerne, dass ich glücklicher sein sollte, als ich es tatsächlich bin.

Around the house...
klirrende Kälte, ein dünne Schneedecke.

I am pondering...
welchen Weg werden wir, mein Mann und ich, finden, um eine glückliche Familie, ein glückliches Paar, wirkliche Freunde zu bleiben? Welchen Weg werde ich finden, um wieder glücklich zu werden?

A favorite quote for today...
"Phew, for a minute man I lost myself" (Radiohead)

One of my favorite things...
meinen Sohn laut lachen zu sehen und ihn sagen hören "lacht ganz doll", Instagram benutzen (seit heute, grosser Spass)

A few plans for the rest of the week:
Sportmöglichkeit organisieren, Krankenkasse anrufen, Yoga praktizieren

A peek into my day...

 

Your comfort zone





Ein deutlicheres Bild meines derzeitigen Selbstgefühls gibt es nicht. Ich bewege mich ausschliesslich in meiner Komfortzone. Die Welt, die Menschen ausserhalb machen mir Angst, lassen mich mich minderwertig fühlen. Diese Zone ist klein, schon mein Bruder, meine Eltern, alte Freunde sind kein Teil mehr davon. Ich fühle mich entsetzlich klein und schwach, nicht nur im und am Geist - auch mein Körper fühlt sich alt und schwach an. Woher kam das so plötzlich? Es ist innerhalb des letzten Jahres passiert, irgendwo.

Mittwoch, 8. Februar 2012

To be yourself

“To be yourself in a world that is constantly trying to make you something else is the greatest accomplishment.”






Ralph Waldo Emerson

Klirrende Eiseskälte

Seit einer Woche ist er da - der Winter, mit Tiefsttemperaturen, die am Tag nicht über -10° C steigen. Wenn wir die Wohnung verlassen, tragen wir alles, was unser Kleiderschrank hergibt. Mehr an Kleidung hätten wir der Kälte nicht entgegenzusetzen. Der Wind zerrt und zehrt, schmerzt an Wangen und Ohren, obwohl die durch eine Mütze geschützt sind.

Es gab eine Nacht am vergangenen Wochenende, in der ich nicht in der üblichen Montur unterwegs war, sondern nur in einer ausgeh-tauglichen Version. Zehn Minuten dauerte der Rückweg von der Bar in die warme Wohnung, die auf mich wartete. Ich kam komplett durchgefroren an der Haustür an und fingerte nach den Hausschlüsseln. Ein Gefühlt der Erleichterung durchschoss mich, als ich - ganz meiner Erwartung entsprechend, aber dennoch - feststellen durfte, dass sich die Türen mit dem mir überlassenen Schlüssel öffnen liessen. Noch glücklicher lag ich dann eine halbe Stunde später unter zwei Daunendecken und spürte, wie sich mein Körper langsam wieder erwärmte.

So oft bin ich dankbar für mein, unser, sicheres, warmes und trockenes Bett, in dem wir schlafen dürfen. In dieser Nacht war ich noch glücklicher als sonst - aus sehr existentiellen Gründen.

Wie wenig haben wir Menschen diesen Temperaturen entgegenzusetzen, wie verletzlich sind wir.

Die Kälte macht uns alle müde. Selbst an den Tagen, an denen die Sonne scheint, das Licht wunderbar klar ist, halten wir uns nur wenig draussen auf. Heute sagte eine Inderin zu mir: "the cold makes me dull, it keeps my energy down". Ich überlege noch immer, was sie dies hat sagen lassen. Geht es mir vielleicht eben so? Geht es nur ihr so und resultiert aus der Tatsache, dass in ihrem Land solche Temperaturen für die meisten Menschen undenkbar sind? Ist es eine yogische Sichtweise, dass der Körper und mit ihm alle Gedanken und Energien einfrieren?

Man hört heute, dass die ersten Seen beginnen, zuzufrieren: Seegfrörni.




Seegfrörni 1963

In den Bergen liegt so viel Schnee wie seit 50 Jahren nicht.

Wenn ich den Kühlschrank öffne, habe ich nicht den Eindrück von Kälte. Haha.