Samstag, 31. August 2013

Wolfgang Herrndorf: Dämmerung

Dämmerung

Ich bin vielleicht zwei Jahre alt und gerade wach geworden. Die grüne Jalousie ist heruntergelassen, und zwischen den Gitterstäben meines Bettes hindurch sehe ich in die Dämmerung in meinem Zimmer, die aus lauter kleinen roten, grünen und blauen Teilchen besteht, wie bei einem Fernseher, wenn man zu nah rangeht, ein stiller Nebel, in den durch ein pfenniggroßes Loch in der Jalousie hindurch bereits der frühe Morgen hineinflutet. Mein Körper hat genau die gleiche Temperatur und Konsistenz wie seine Umgebung, wie die Bettwäsche, ich bin ein Stück Bettwäsche zwischen anderen Stücken Bettwäsche, durch einen sonderbaren Zufall zu Bewußtsein gekommen, und ich wünsche mir, daß es immer so bleibt. Das ist meine erste Erinnerung an diese Welt.
Angeblich wächst die Sentimentalität mit dem Alter, aber das ist Unsinn. Mein Blick war von Anfang an auf die Vergangenheit gerichtet. Als in Garstedt das Strohdachhaus abbrannte, als meine Mutter mir die Buchstaben erklärte, als ich Wachsmalstifte zur Einschulung bekam und als ich in der Voliere die Fasanenfedern fand, immer dachte ich zurück, und immer wollte ich Stillstand, und fast jeden Morgen hoffte ich, die schöne Dämmerung würde sich noch einmal wiederholen.

Nobutaka Aozaki: From Here to There

Der Künstler Nobutaka Aozaki, augenscheinlich Tourist in Manhattan, befragte Passanten nach dem Weg.

Indem er jeweils verschiedene Ziele zu suchen vorgab und sich Wege von hier nach da aufzeichnen liess, konnte er einen Stadtplan von Manhattan nachbilden, bestehend aus vielen einzelnen mit der Hand beschriebenen Blättern.

(c) Nobutaka Aozaki

(c) Nobutaka Aozaki

Das Projekt ist noch nicht abgeschlossen.

Donnerstag, 29. August 2013

Wolfgang Herrndorf

Der Schriftsteller Wolfgang Herrndorf hat sich im Alter von 48 Jahren selbst getötet.

Wolfgang Herrndorf (c) Zeit.de

Sein Blog Arbeit und Struktur beeindruckt mich zutiefst.