Mittwoch, 21. Mai 2014

Das verletzte Kind. Grosse Schwester - kleiner Bruder.

Ich setze mich in diesen Monaten ein weiteres Mal intensiv mit Eltern-Kind-Beziehungen auseinander. Erst einige Monate nach der Geburt von meinem Grossen habe ich begonnen, in Frage zu stellen, wovon ich felsenfest überzeugt war, und was auch meine eigene Kindheit auszeichnete: Eltern sind eine Autorität, Kinder gehorchen, Kinder schlafen im eigenen Bett, Eltern wissen was richtig für ihre Kinder ist, Eltern strafen scheinbares Fehlverhalten, Eltern müssen Konsequenz zeigen, Kinder müssen erzogen werden.

Ich bin inzwischen davon überzeugt, dass Kinder nicht erzogen werden müssen. Kinder benötigen die Begleitung ihrer Eltern. Kinder benötigen Vorbilder. Kinder brauchen Eltern, die gleichwürdig und kooperativ mit ihnen umgehen.

Dies verdanke ich zahlreichen Autoren, Psychologen, Soziologen, Ärzten und natürlich Müttern. Jesper Juul, Jean Liedloff, Carlos Gonzalez, Kurt und Karin Kloeters, Adele Faber, Elaine Mazlish, sowie allen Müttern und Vätern von rabeneltern.org.

Gerade heute habe ich Siblings without Rivalry von Faber und Mazlish zu Ende gelesen. Mir liefen die Tränen. Und nicht, weil ich als Mutter mein Versagen und meinen Frust verspürt habe. Nein. Das Kind in mir, die grosse Schwester, der ungelenke, unsichere Teenager in mir, das Mädchen, das immer gefallen wollte, und nie "cool" war: es waren die Tränen dieses Kindes, die heute geflossen sind.

Dass die Beziehung zu meinem "kleinen" Bruder nicht so herzlich ist, wie sie sein könnte, ist mir schon länger aufgefallen. Zwischenzeitlich, vielleicht zwischen meinem zwanzigsten und dreissigsten Lebensjahr, dachte ich, unsere Beziehung wäre positiv und liebevoll.

Als wir Kinder waren, haben wir uns viel gestritten. Und ich habe mich oft durch meinen kleinen Bruder verletzt gefühlt. Als wir Teenager waren, fühlte ich mich immer unterlegen. Er hatte die lustigeren Freunde, machte die spannenderen Sachen, war cooler, war besser gekleidet, war mehr auf Konfrontationskurs mit unseren Eltern, war unabhängiger, interessierter, engagierter.

Heute frage ich mich, ob ich überhaupt je aus der Rolle der verkrampften grossen Schwester herausgefunden habe. Ich habe mich bei dem Gedanken ertappt, dass er sogar der bessere, coolere Vater werden wird, einer, der seine Kinder früher bekommt und daher dynamischer und energievoller sein kann als ich. Inzwischen ist das nicht mehr möglich, denn er ist nun älter, als ich es zum Zeitpunkt der Geburt meines Grossen war. Aber ich erinnere mich beschämt an das Gefühl der Erleichterung, als er mein damaliges Alter (kinderlos) überschritten hatte.

Nun ertappe ich mich bei dem neuen Gedanken, dass er ja vielleicht nie Kinder wollte, und mich "uncool" und spiessig findet, weil ich zu Hause sitze, mit zwei kleinen Kindern, und sonst nichts mache.

Alles wenig schmeichelhaft für mich. Gedanken, derer ich mich schäme.

Aber heute Nachmittag, nach dem Lesen des Buches von Faber und Mazlish, frage ich mich, ob diese Schamgefühle allein meine Schuld sind. Oder ob meine Befangenheit, meine Niedergeschlagenheit nicht auch andere Gründe haben: in der Beziehung zu meinem Bruder. Und zu meinen Eltern.


Donnerstag, 15. Mai 2014

Siblings Without Rivalry: Dedication

Siblings Without Rivalry
by Adele Faber and Elaine Mazlish

is dedicated:

To all the grown up siblings who still
have a hurt child inside them.



Sonntag, 4. Mai 2014

Peter Meyer, Photograph auf Fraser Island

Ich sehe gerade auf arte.tv die Dokumentation Die neuen Paradiese: Australien - Blaue Berge, goldene Strände.

Darin erzählt der Photograph Peter Meyer von seinem Beruf und seiner Leidenschaft: er photographiert die Natur, das Licht, die Bäume, das Meer, die Seen, den Himmel von Fraser Island. Die von ihm gezeigten Bilder in der Dokumentation haben mir so sehr gefallen, dass ich nach ihm gesucht habe.

(c) Peter Meyer


Auf seiner Webseite Fraser Island Gallery stellt Peter sich vor.

Es sind nicht nur die Bilder, die mich so sehr ansprechen, und meiner Sehnsucht nach Australien entsprechen. Es ist auch der Mut von Peter, sein Leben einfach zu ändern, nachdem er merkte, dass sein bisheriger Entwurf ihm nicht das Glück brachte, nach dem er suchte. Einfach auf einer einsamen Insel leben, nahe der Natur. Es klingt vielleicht seltsam, Fraser Island als einsame Insel zu bezeichnen. Aber in der Doku sprach Peter davon, dass es genügt, sich 100 Meter von den Touristen-Highlights zu entfernen, um sich in absolut unberührter Natur und alleine zu finden.


Self-operation: Tracking down a good story

Ein Arzt, der für ein Jahr in der Antarktis arbeitet, fühlt sich beruflich nicht ausgelastet, und beginnt sich zahlreiche Aufgaben zu stellen, um am Ball zu bleiben. Dazu gehört auch die Lektüre von Fachartikeln, der er im Internet recherchiert.

Auf der Webseite AntarcticDoctor erzählt er von einer Geschichte - und wie er an die Quellen der Geschichte kommt - , die er bereits vom HörenSagen kannte und der er nun auf den Grund gehen wollte: der russische Arzt Dr Leonid Rogozov, im Jahr 1961 ebenfalls mit einem Team in der Antarktis tätig, operiert sich selbst erfolgreich am Blinddarm.

Sein Team (keines der anderen Mitglieder ist medizinisch ausgebildet) assistiert die Operation. Dr Rogozov führt den Eingriff erfolgreich durch, wenn er seinen Zustand nach der Operation auch als "moderately poor" bezeichnet. Vier Tage später ist sein Zustand normal, keine zwei Wochen später ist er wieder voll belastbar.

Diese unglaubliche Geschichte wird mit Bildern illustriert. Das erste Bild zeigt Dr Rogozov, während er sich selbst operiert. Auf dem zweiten Bild ist er nach dem Eingriff zu sehen, recht erholt, mit einem Kollegen einen Pinguin tätschelnd.

(c) Dr Vladislav Rogozov (on AntarcticDoctor)

(c) Dr Vladislav Rogozov (on AntarcticDoctor)

Der Originalartikel von Dr Leonid Rogozov wird ebenfalls zur Verfügung gestellt.