Mittwoch, 25. Februar 2015

Liebe

Dienstag, 24. Februar 2015

Novalis: Blüthenstaub "Nach Innen geht der geheimnisvolle Weg"

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Die Phantasie setzt die künftige Welt entweder in die Höhe, oder in die Tiefe, oder in der Metempsychose zu uns.

Wir träumen von Reisen durch das Weltall: ist denn das Weltall nicht in uns?

Die Tiefen unsers Geistes kennen wir nicht. - Nach Innen geht der geheimnisvolle Weg. In uns, oder nirgends ist die Ewigkeit mit ihren Welten, die Vergangenheit und Zukunft.

Die Außenwelt ist die Schattenwelt, sie wirft ihren Schatten in das Lichtreich. Jetzt scheint es uns freilich innerlich so dunkel, einsam, gestaltlos, aber wie ganz anders wird es uns dünken, wenn diese Verfinsterung vorbei, und der Schattenkörper hinweggerückt ist.

Wir werden mehr genießen als je, denn unser Geist hat entbehrt.



Novalis, Blüthenstaub

Mittwoch, 11. Februar 2015

Your Final - die Welt schaut Fussball

Über 700 Millionen Menschen in 194 Ländern weltweit schauten das WM-Finale zwischen Deutschland und Argentinien. Kein anderes Ereignis bannt so viele Menschen vor den Fernsehschirmen. Das WM-Finale teilt die Menschheit in zwei Lager, verbrüdert Fremde und entzweit Freunde, es stärkt Völker im Sieg und stürzt die unterlegene Nation in die Depression. Die Menschen überall erleben das große Spiel als Metapher auf ihre eigene Existenz: Die Tragödie von Erfolg und Versagen!

Montag, 9. Februar 2015

Notizen von zwei Jahren

Ein kleines Büchlein, vor über sechs Jahren in Frankreich während eines Urlaubs in einem Supermarkt gekauft, hat mich über zwei Jahre meines Lebens begleitet. Der Inhalt: Notizen, Telefonatsmitschriften, Listen, Skizzen. Nichts Kreatives, nichts Sensationelles. Nur: Mitschriften von zwei Jahren Leben, ein Übergang zum Familienleben, zur eigenen Wohnung, zum Umzug ins Ausland.



Hoteladressen, um den nächsten Frankreich-Urlaub planen zu können. Notizen aus dem Geburtsvorbereitungskurs (ich sehe mich noch an der Wand lenen, in meinem schwarz-grau-gestreiften Pulli, ein Ricola nach dem anderen lutschend, weil ich im Januar/Februar so einen schweren Husten hatte).


Die Liste für den Klinikkoffer (Wie viele Listen ich dazu herangezogen habe, verglichen, Doppelungen ausgestrichen. Wenn ich die Liste sehe, spüre ich die Kühle unserer damaligen Wohnung im Januar, ich spüre meine Unruhe, ich spüre die Freude auf mein Kind, meine Angst vor der Geburt, den unbekannten Schmerzen, die Unsicherheit ob ich an alles gedacht habe, das Unwirkliche, dass wir nun tatsächlich Eltern werden, meine Konzentration auf diesen Schritt, den Klinikaufenthalt, das Neue).

Listen geliehener Babykleidung von Freunden. Erklärungen zum Elterngeld. Die Gestaltung der Geburtskarte. Frageliste zum ersten Kinderarztbesuch. Schlagworte zum Kauf einer Eigentumswohnung . Notizen und Berechnungen eines Geo-Caching-Ausflugs. Email-Adresse einer Wohnungseigentümerin in unserer neuen Stadt. To-Do-Liste vor dem Umzug ins Ausland. Teilnahmeliste der Spielgruppe (meiner ersten und wichtigsten Anlaufstelle nach dem Umzug - DIE Kontaktbörse). Fahrtkosten meiner einsemestrigen Fortbildung. Logoentwürfe der Firma. Kinderkritzeleien. Der Kennenlern-Termin in der Krippe vom Grossen (was für ein seltsamer Zufall: genau heute war der Kennenlern-Termin in derselben Krippe für die Kleine).

Ein Zettel mit Datum


Beim Aufräumen gefunden: ein Zettel, fast sechs Jahre alt; aufgehoben, da ich auf ihm die Zugangsdaten zu einem Online-Shop notiert hatte. Heute, während ich den Zettel aufmerksam las, um vor dem Entsorgen keine wichtige Information zu übersehen, bemerke ich eine Notiz: Name von Onkel und Tante, dahinter ein Datum, 12.7.

Es war der erste, und wie ich heute leider weiss, auch der letzte Besuch meines Onkels, um seinen Neffen, unseren Sohn, zum ersten Mal zu sehen,  kennenzulernen. Mein Onkel starb noch in jenem Sommer. 

Martin Schongauer: Heiliger Antonius

Heiliger Antonius, von Dämonen gepeinigt