Dienstag, 4. November 2014

Eine Kerze und ein Reise-Tagebuch in den Hohen Norden

Weitermachen: Abschied von Zwei.


1. Die Tischkerze meines Kommunionstags

Ich fand sie vom ersten Moment an wunderschön. In meiner Erinnerung haben mich meine Eltern mit der Kerze überrascht, ich erinnere mich nicht, sie mit ausgewählt zu haben, noch zu wissen, dass es eine solche Kerze für meinen Platz am Tisch geben würde.

Die Farbe: ein gebrochenes Weiss, goldene, feinziselierte Verzierungen, ein Ring am unteren Ende der Kerze bildend: Kreise, ineinander greifend, darüber und darunter Borten, wellenförmig, an Lilien oder Blütenornamente erinnernd. Mein Name, in Gold, darüber. Darüber aus Wachs geformt ein Blütenkranz, oben offen, mit kleinen grünen Blättern und weissen Blütchen, welche hellgrünen Stempelchen umrahmen. Der Blütenkranz umfasst einen goldenen Kelch (auf einer weissen Wolke stehend), der die Hostie hält. Von der Hostie steigen goldene Strahlen auf. Auf der Rückseite der Kerze das Datum meiner Kommunion.

Die Kerze symbolisiert nun nicht mehr das Erlebnis der Kommunion.

Sie ist ein Zeichen der Liebe und Fürsorge meiner Eltern, die sich für diesen Tag so viel Gedanken für mich gemacht haben. Und eine Kerze gewählt haben, die mich auch heute noch erfreut.

Ich habe sie fotografiert, um mich immer an das Gefühl zu erinnern, das diese Kerze einmal in mir ausgelöst hat.





edit: die Kleine hat die Kerze wieder "ausgegraben" und mit Hingabe dier Blüten und Verzierungen befühlt. Ich habe sie dabei aufgenommen; es gibt mir das Gefühl, der Kerze einen Platz in der Gegenwart zuweisen zu dürfen; so ist sie nicht nur meine Erinnerung an eine vergangene Zeit, sondern auch mit meinem augenblicklichen Leben verbunden. Ich kann sie leichter gehen lassen.



2. Das Reisetagebuch

1988, zehn Tage Urlaub im Norden Deutschlands mit einer Freundin, ein Tagebuch. Wir haben alles akribisch notiert - jede Bemerkung, die uns zum lachen brachte (und davon gab es viele...), jede Mahlzeit, jede Aktivität, und war sie noch so banal. Alles war wichtig, alles war besonders. Wir waren furchtbar pubertierend. Harmlos und nett. Aber furchtbar pubertierend. Zum Schluss und als Dankeschön für die Gastgeber gabs ein selbstgereimtes Gedicht.

Es gibt ein paar Photos (neben all den Fahrkarten, Eintrittskarten, Kassenbons, Werbungen, Flyern, die wir _alle_ eingeklebt haben), die mich in zu kurzen Hosen zeigen, die Knöchel schauen immer unten raus, wir tragen Espradrillos oder Birkenstock. Meine Mimik immer ein wenig quer. Drei gute Portraits, die ich herausgerissen habe und aufbewahren werde. Der Rest muss weg. Aber ich glaube: wir hatten richtig viel Spass.