Zwei Hefter habe ich gefunden, Mitschriften aus der Oberstufe des Gymnasiums: Musik, Kunst und Religion. Sie sind voll von Kopien, Tafelabschriften, Materialien, ab und zu Zeichnungen, die aus Langeweile entstanden sind, Lehrerzitate (Religion - K: "Nuschel ich oder was?" "Ja" K: "Ach, Unsinn" -- Jean Paul heiratete 1836 eine reiche Witwe K: "... das war saupraktisch" -- K: "In dieser Klasse gibt es ein paar Leute, die müsst man eliminieren! Natürlich nicht körperlich, nur geistig") oder kleine schriftliche Dialoge mit Banknachbarn.
Die Hefter sind vollgestopft mit Information. Freiheit - Verantwortung - Schuld, Gottesglaube - Athesismus:
"Ich kann nicht ja sagen, aber ich will auch nicht nein sagen"
Thomas Bernhard
"War das das Leben? Wohlan, noch einmal"
Friedrich Nietzsche
Stilepochen Malerei, Sonate, Fuge, Bolero bis zum Erbrechen.
Erinnerst Du Dich an den Geruch der frisch gedruckten Matrizen?
Ich bin beeindruckt von der Fülle an (damaligem) Wissen, das uns zur Verfügung stand und uns Türen öffnete, und uns erlaubt hätte, so viele verschiedene Wege zu gehen. Wir haben so viel gelernt, vor allem auswendig gelernt (was für mich heute vieles in Frage stellt), aber wir durften lernen. Heute sagen mir die Mitschriften kaum noch etwas. Oder, auch erstaunlich: ich sehe, dass ich damals bereits Namen und Aussagen kannte, die mir erst viel später etwas bedeuteten, und von denen ich dachte, ich hätte sie erst zu diesem späteren Zeitpunkt kennengelernt. Was ja auch auf gewisse Weise stimmt.