Mittwoch, 11. Januar 2012

Die Perlenkette

Die erste längerwährende Kinderfreundschaft verband mich und meine Familie mit einer Familie, die im selben Haus wohnte. Ich vermute heute, dass wir ansonsten niemals zueinander gefunden hätten. Vielleicht hatte die andere Familie weniger Kultur, Niveau, Bildung, Interessen - ich kann es mit diesem grossen Abstand schwer einschätzen.

Aber ich erinnere mich deutlich daran, dass die Mutter den Kindern öfter androhte ihnen "den Arsch zu versohlen", ein Wort, das mich mehr erschreckte als faszinierte, hatten wir doch das deutliche Verbot erhalten, diese Art von Worten zu benutzen. Und meine Eltern hätten sich weder so ausgedrückt, geschweige denn diese Art von Strafe überhaupt angedroht.

Als wir wegzogen, blieb diese Kinderfreundschaft erhalten, wir sahen uns noch ab und zu, zu den Geburtstagen, schrieben uns oft nichtssagende Briefe, in Geheimschriften, die wir selber erfanden.


An einem Tag waren beide Kinder der anderen Familie bei uns zu Besuch. Am Ende des Tages fehlte die Perlenkette meiner Mutter. Meine Mutter erinnerte sich dann an die seltsame Begegnung mit dem älteren Besucherkind im Gang zum Bad, ein Gang, der Besuchern an und für sich sowieso verschlossen war.

Da gab es nun diesen bösen Verdacht, der der anderen Familie irgendwie nahegebracht werden musste. Alles wurde abgestritten, die Perlenkette ist nie wieder aufgetaucht, und es war der Anfang vom Ende dieser Kinderfreundschaft.