Mittwoch, 18. April 2012

Ein zweites Kind

Ein zweites Kind.

Es hört sich an wie: eine zweite Chance.

Es ist nicht so, dass ich bei meinem kleinen Mann alles falsch gemacht hätte. Ich denke durchaus, dass ich den richtigen Weg mit ihm gehe: attachment parenting, Kontinuum-Konzept, Kloeters-Briefe, Jesper Juuls, Gonzalez.

Aber es gibt diese schlimmen Momente, in denen ein Monster in mir losbricht, in denen ich mich nicht kennen möchte, in denen ich in den Augen meines Sohnes Unsicherheit sehe, sogar Angst, Trauer, Wut und Verzweiflung. Das müssen diese Momente sein, in denen man sich als Kind wünscht, endlich nicht mehr Kind zu sein.

Heute morgen war wieder dieses Monster da. Ich war so wütend, so müde und so enttäuscht über mich selbst.

Und dann frage ich mich, wird er mir das vergessen und verzeihen und wird es das letzte Mal gewesen sein. Kann ich mich so verhalten, dass die Erinnerung meines Sohnes an seine Kindheit eine ungebrochen gute, geliebte und stärkende sein wird?

Ein zweites Kind.

Als ob ich dann alles besser machen könnte.

Als ob das meine Vergehen an meinem Sohn wiedergutmachen könnte.

Zudem:

mein so müder und erkrankter Körper könnte gerade der Belastung einer erneuten Schwangerschaft, Geburt und Kleinkinderjahren nichts entgegensetzen.

Wieso kläre ich das nicht für mich ab? Wieso lasse ich es dennoch darauf ankommen? Es sehnt sich in mir, wieder ein so kleines Wesen in den Armen zu halten. Aber ich liebe meinen Sohn so sehr, und muss noch so viel mit ihm lernen. Sollte ich meine Kraft nicht darauf konzentrieren, um ihm gerecht zu werden? Ich mache so viele Fehler mit ihm. Woher soll ich die Energie schöpfen, wenn da noch ein kleiner Mensch ist, mit genauso grossen Ansprüchen?

Wieso bin ich nur so müde? Ich kann die Schwäche meines Körpers nicht liebend annehmen, ihn nicht liebend heilen lassen. Ich brauche ihn.