In dem Karton finde ich Papiere und Umschläge, die separat von anderen Briefen mit einer braunen Kordel zusammengefasst sind.
Es sind Einladungen, zu Geburtstagsfeiern, und Parties, einer Konfirmation, alle handgeschrieben, manche fotokopiert, nur der Name mit Füller ergänzt. Manche bunt geschrieben mit verschiedenen Tinten oder die Schleifen der Buchstaben mit Filzstiften ausgemalt, manche auf buntem Papier, in Formen von Bällen, Schlittschuhen oder gefaltet. Von einer Einladung mit einem besonders kindischen Aufkleber erkenne ich noch heute sofort den Absender.
Die Einladungen wurden in den Schulpausen verteilt, von den Gastgebern, an die Freunde, die zu der Feier erwartet wurden. Es war mir garnicht bewusst, welch ein Ritual das Erstellen und Verteilen von Einladungen damals war. In Umschlägen überreicht, so dass der Inhalt nicht von jedermann gelesen werden konnte. Möglichst originelle Gestaltung, vor allem durch die Mädchen. Mündliche Einladungen gab es selten, es war einfach üblich, kleine handgeschriebene - verbindliche - Einladungen auszusprechen.
Das schreckliche Gefühl, während ich beobachte, wie Einladungen möglichst unauffällig verteilt werden, aber ich erhalte keine.
Meine eigene Aufregung, meine Einladungen ungesehen von denjenigen zu verteilen, die ich nicht einladen möchte, denen ich mich aber eigentlich aus sozialem Gewissen oder alter, vergangener Freundschaft verpflichtet fühle.
An manche der Feiern erinnere ich mich - an Momente und Stimmungen und Erwartungen. Tanzparties während der Tanzschul-Phase. Geburtstagsfeiern, irgendwann auch von den Jungen in der Klasse. Zusagen, man würde wieder nach Hause gebracht (das war auch sinnvoll, bei unserer Streubreite über die Dörfer hinweg).